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Der Biber

4.1 Der Biber biologisch

Allgemein

Der uns allen wohlbekannte Baumfäller war in Europa zu einer richtigen Rarität geworden, ist jetzt aber wieder im Kommen. Der Biber beeindruckt den Beobachter vorallem durch seine unerwartete Grösse. Seine Gegenwart in einem Biotop äussert sich aber vorallem im Einfluss, den er auf die Natur ausübt.

Systematik und Abstammung

Die ältesten Fossilienfunde, die einen Vorfahren des Bibers vermuten lassen sind 30 Mio. Jahre alt und hatten etwa die Grösse eines Bären. Wegen dem auffällig grossen Abstand, den seine Schneidezähne zu seinem eigentlichen Kauapparat haben, aber auch wegen seiner besonders stark ausgebildeten Kiefermuskulatur, teilt man den Biber in die Ordnung der Nagetiere ein.

Bedrohung, natürliche Feinde

Der Biber hat eigentlich keine natürlichen Feinde. Er stand kurz vor der Ausrottung durch den Menschen, weil er bejagt wurde wegen seinem Fleisch und Fell, aber auch weil man glaubte, er würde die Fischbestände essen und wegen des Sekrets "Bibergeil", das man für "medizinische Zwecke" gewann.

Physionomie
 

Steckbrief
Lateinischer Name: castor fiber
Kopfrumpflänge:  73 - 130 cm
Schwanzlänge: 30 - 38 cm
Gewicht: 23 - 30 kg; Weibchen schwerer als Männchen
Fell: grau bis dunkelbraun, Unterseite heller
Tragzeit: 105 Tage
Wurfgrösse: 1 - 5 Junge
Säugezeit: 3 Monate
Junge: Nestflüchter, 500 - 700 g
Lebensdauer: bis 17 Jahre

Der Biber ist gut an das Leben im Wasser angepasst. Er hat ein dichtes, wasserabstossendes Fell und an den Hinterfüssen finden sich Schwimmhäute. Die Vorderfüsse haben keine Schwimmhäute, denn die Schwimmbewegungen erfolgen nur mit den Hinterbeinen und dem flachen Schwanz, die Voderfüsse benutzt der Biber wie Hände.

Mit den Schneidezähnen nagt er an Bäumen. Dabei stumpfen die Zähne nie ab, im Gegenteil, sie wachsen und schärfen sich stets nach. Sie sind nämlich von einer Schmelzschicht überzogen, die vorne härter ist als hinten, dadurch nutzen sich die Zähne hinten schneller ab als vorne.

Lebensweise

Biber leben in Familienverbänden von etwa acht Tieren. Die Jungen des ersten Wurfes helfen den Eltern beim Aufziehen der Jungen des zweiten Wurfes. Sobald zum dritten mal Nachwuchs gekommen ist, werden die Jungen des ersten Wurfes verjagt. Diese ziehen dann bis zu hundert Kilometer weiter, bis sie ein geeignetes Gebiet finden.

Es kann auch vorkommen dass die Eltern wegziehen. Das ist bei Nahrungsknappheit der Fall. Die Biber kennen aber auch eine andere Lösung, eine Nahrungsknappheit zu überstehen: Es gibt solange keinen neuen Wurf, bis wieder genung Nahrung vorhanden ist; die Biber "erfanden" also eine Art Familienplanung.

Die Biber markieren ihre Territoriumsgrenze mit dem Sekret aus der Bibergeildrüse. Die Revierlänge schwankt zwischen hundert und dreihundert Meter. In der Schweiz bauen die Biber selten Dämme oder Biberburgen. Die Wasserhöhe ihrer Flüsse beträgt meistens konstant etwa einen halben Meter, so muss der Biber das Wasser nicht mit einem Damm regulieren. Seine Wohnhöhle gräbt er in natürliche, steile Ufer. Der Zugang befindet sich stets unter dem Wasserspiegel, so dass er vor anderen Lebewesen geschützt ist.
Der Biber ist nachtaktiv und führt keinen Winterschlaf.

Ernährung

Biber ernähren sich haupsächlich von Baumrinde, Knospen und jungen Trieben insbesondere von Weichhölzern, also Weiden, Espen und Zitterpappeln. Ansonsten fressen sie auch Kräuter aller Art oder knabbern an Büschen. Manchmal weichen die Biber auf Agrarprodukte wie Zuckerrüben und Maiskolben aus.

Im Herbst fällt der Biber Bäume und versenkt sie im Wasser. So hat er eine Lebensgrundlage für den Winter, falls der Fluss zufrieren sollte.

Lebensraum

Die Biber benötigen langsam fliessende Gewässer mit natürlichen Ufern, die von Auenwäldern und Dickicht umgeben sind. Die Gewässer dürfen nicht zu seicht sein und dürfen nie ganz durchfrieren. Die Wasserqualität spielt eine untergeordnete Rolle. Ungünstig wirken sich aber Stauwehre, Schleusen, künstliche Ufer und Agglomerationen aus.

Verbreitung

Ursprünglich war der Biber in ganz Europa beheimatet. In Europa überlebten nur wenige Biberpopulationen am Unterlauf der Rhone, an der mittleren Elbe, in Norwegen und an einzelnen Flussläufen der ehemaligen Sowjetunion.

In der Schweiz kam der Biber schon in prähistorischer Zeit vor. Orts- und Gewässernamen zeugen von seinem Vorkommen in historischer Zeit. Schon zu Beginn des 19 Jh. war der Biber in der Schweiz ausgerottet.

Das Baselbiet beherbergte in der Vergangenheit Biberbestände. Im 16 Jh. schrieb Konrad Gesner: „... die Byrs umb Basel hat dern viel...". Der letzte Biber an der Birs soll im Jahre 1705 geschossen worden sein.
Durch Aussetzungen an 27 verschiedenen Orten seit 1956 hat der Biberbestand in der Schweiz stetig zugenommen. 1993 gab es in der Schweiz bereits wieder etwa 350 Tiere.
Längs des Hochrheins hat sich der Biber in den letzten Jahren nach Westen ausgebreitet und so auch die Baselbieter Grenze erreicht. 1996 haben die ersten Biber das Kraftwerk Augst erreicht, und oberhalb des Kraftwerks haben sich seither beidseits des Rheins kleine Biberkolonien etabliert.

4.2 Der Biber historisch

In Nordamerika und Asien wurde der Biber als Kultfigur verehrt, da er durch seinen Fleiss die Natur umgestalten kann. Die Indianer glaubten, der grosse Manitu habe bei der Erschaffung der Welt die Biber mit dem Anlegen von Flüssen und Bächen beauftragt.

In Europa dagegen war der Biber weniger beliebt. Bis ins 18. Jahrhundert sah man in ihm einen gefährlichen Fischräuber und hatte daher keine Hemmungen, ihn zu jagen. Sein Pelz war begehrt, um daraus modische Castorhüte, Mützen und Kragen herzustellen. Und ein Biberpelz galt im Tauschhandel als eine Art Einheitsmünze.

Das Biberfleisch war nicht weniger beliebt. Dass dieses Fleisch so viel gegessen wurde, hängt sicher auch damit zusammen, dass es von der katholischen Kirche als Fischfleisch deklariert wurde. So kennt man von einem Mönch des Kolsters St. Gallen des Ausspruch: "Gesegnet sei das fischähnliche Fleisch des Bibers" (um 1000 n.Chr.) oder am Konstanzer Konzil von 1414/18 gab es als Fastenspeise "Biber, Dachs, Otter - alles gnug". 1754 erklärte der Jesuitenpater Charlevoix: "Bezüglich des Schwanzes ist er ganz Fisch, und er ist als solcher gerichtlich erklärt durch die Medizinische Fakultät in Paris, und im Verfolg dieser Erklärung hat die Theologische Fakultät entschieden, dass das Fleisch während der Fastenzeit gegessen werden darf."
Ausserdem wurde für das Bibergeil, eine salbenartige Masse aus birnenförmigen Drüsen in Afternähe, viel bezahlt. Bibergeil hat einen bitteren, balsamischen Geschmack und diente als krampflösendes, beruhigendes Allerweltsmittel.

Alle diese Gründe führten dazu, dass der Biber im 19. Jahrhundert in Europa, durch die grosse Nachfrage an Biberprodukten bald auch in ganz Eurasien und Nordamerika kurz vor der Ausrottung stand.

4.3 "Hallo Biber!"

Das Projekt und seine Philosophie:

Inzwischen gibt es etliche Projekte, die die Einwanderung des Bibers in die Schweiz, wo er einst heimisch war, fördern. Das Projekt "Hallo Biber!", früher "Aktion Biber im Baselbiet", entwirft einen Plan, nachdem die Birs so revitalisiert werden soll, dass der Biber und auch andere Flussbewohner den Weg zurück in ihre Heimat finden. In einem Interview mit Urs Leugger von Pro Natura Baselland, "Geschäftsführer" des Projekts "Hallo Biber!", brachten wir einiges über diese Aktion in Erfahrung:

Nachdem der Biber schon an manchen Orten in der Schweiz mit Erfolg ausgesetzt wurde und sich sogar selbständig ausgebreitet hat, will man ihn nun auch in die Birs zurücklocken. Vom Oberrhein ist er nun schon selbständig bis zum Kraftwerk Kaiseraugst vorgedrungen; von dort aus soll er nun auch die Birs erobern. Das Ziel des Projekts ist es nicht nur, den Biber ins Birstal zurückzubringen, sondern den Flusslauf so attraktiv und gangbar zu gestalten, dass auch viele andere wassergebundene Pflanzen- und Tierarten dort ein brauchbares Biotop vorfinden. Diesem Ziel liegt eine wesentliche Philosophie zugrunde: Die Biberpopulation soll nicht ausgesetzt werden, sondern der Flusslauf so attraktiv gestaltet werden, dass der Biber ihn für genügend erachtet und von sich aus den Fluss hinauf kommt.

Was getan werden muss

Wir folgen der Birs strömungaufwärts und bewerten ihren Lauf nach den Kriterien eines Bibers.
Leider stösst er schon wenige Meter nach der Mündung auf eine unumgängliches Hindernis, eine Schwelle, die er nicht durchschwimmen kann.