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6.1 D. Leuker (PRO NATURA Baselland)

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Andi: Welche Funktion üben Sie im Projekt Aktion Biber im Baselbiet aus?

Urs: Ich bin Co-Präsident von PRO NATURA Baselland, das ist die Organisation, die das Biberprojekt initiiert hat. Ich bin in einer Arbeitsgruppe von drei Personen tätig, die diese Aktion begleitet. Die Aktion befindet sich noch in einer Vorlaufsphase: Ab nächstem Jahr wird die Aktion voll anlaufen mit einer detaillierten Programmstruktur und einer eigenen Geschäftsstelle, die nur für diese Aktion zuständig sein wird.

Andi: Wie ist dieses Projekt zustande gekommen?

Urs: Zustande gekommen...(lächelnd). Pro Natura Baselland ist eine Sektion der nationalen Naturschutzorganisation PRO NATURA. Der nationale Verband lancierte vor ein paar Jahren die Kampagne „Wassernetze Schweiz“. Dessen Hauptziel ist es, den Flüssen und Bächen wieder mehr Raum zu geben, damit sie eine eigene Dynamik zu entwickeln können. Solche Fliessgewässer werden ihr Bett laufend verändern, und solche Veränderungen bieten eine Chance für neue Lebensräume. Auch bei der „Aktion Biber im Baselbiet“ stehen die Flüsse und Bäche im Vorder-grund. Wir möchten diesen Gewässern wieder mehr Platz geben und möchten sie renaturieren.

Andi: Hat das Biberprojekt auch Zusammenhänge mit dem Lachs 2000-Projekt?

Urs: Indirekt schon: Denn sowohl der Lachs als auch der Biber dienen sozusagen als „Botschaftsträger“ für die Idee der „Wassernetze Schweiz“. Sowohl der Lachs als auch der Biber haben grosse Sympathien bei der Bevölkerung. Denn es wäre abstrakt zu sagen: „Wir wollen mehr Platz für die Flüsse !“ Beim Lachs- und beim Biberprojekt sind die Zielsetzungen ähnlich (Schaffung von Lebensräumen durch Renaturierung), so dass wir auch eng zusammen arbeiten.

Andi: Und wie ist der aktuelle Stand des Projektes?

Urs : Es läuft auf drei Ebenen. Einerseits soll die erwähnte Geschäftsstelle eröffnet werden, da es sich um ein längerfristiges (ca. 10 Jahre) und ein kostenaufwendiges (10-15 Mio Fr.) Projekt handelt. Andererseits haben wir ganz konkrete Renaturier-ungsprojekte (im Bereich Muttenz -Münchenstein), für die die Finanzierung auch gesichert scheint. Die dritte Ebene ist eine Zusammenarbeit mit den Elektrizitäts-werken und den kantonalen Behörden. Vor allem dort, wo Bauwerke entlang der Birs gebaut oder saniert werden müssen, drängt sich eine Zusammenarbeit auf. Wir wollen Einfluss darauf nehmen, dass bauliche Massnahmen im Birsbereich unseren Zielen (dem Gewässer mehr Raum zu geben) entsprechen.

Andi: Wir haben uns bei der gestrigen Begehung auch gefragt, ob die kurzen naturnahen Strecken für den Biber ausreichend sind.

Urs: Für den Biber reichen die getroffenen Massnahmen nicht aus. Ein Biberrevier benötigt mehrere Hundert Meter Es hat eine grosse Aufwertung oberhalb der Neuen Welt stattgefunden (Lebensräume für Wasserinsekten, Fische, etc.). Wir müssen uns die Gewässer des Baselbietes wie ein Netz vorstellen. Im Moment hat es Biber bei Augst. Nun müssen die Gewässernetze Biber-gängig gemacht werden. Das heisst nicht, dass im Falle der Birs alles renaturiert werden muss. Aber der Biber braucht schon längere renaturierte Flussabschnitte. Damit Biber-feindliche Flussabschnitte überwunden werden können, müssen dazwischen immer wieder naturnahe Abschnitte geschaffen werden. Durch die Renaturierung der Auen-landschaften an der Birs, die innerhalb dieser zehn Jahre realisiert werden sollen, bin ich sehr zuversichtlich.

Andi: Wie sollte zum Beispiel der Birskopf aussehen?

Urs: Es gibt zur Zeit konkrete Projekte, wie der Birskopf umgestaltet werden müsste, so dass der Biber diese Stelle passieren könnte.

Andi: Ist das Ziel realistisch, dass die Aktion Biber erfolgreich sein wird?

Urs: Ja, wir gehen davon aus, dass es realistisch ist. Ob das Ziel, dass der Biber im Baselbiet in 10 Jahren wieder überlebensfähig sein wird, erreicht wird, wird uns der Biber selbst zeigen. Die Zielsetzungen im Bereich „Renaturierung“ sind nicht flächendeckend, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass die Flächen, die nicht baulich genutzt werden, in den nächsten 10 Jahren grösstenteils der Natur zurückgegeben werden können. Aber auch wenn der Biber sich doch nicht ansiedelt, so haben wir dafür doch mehr Lebensräume für andere Tier- und Pflanzenarten geschaffen und auch für uns Menschen werden die lebendigeren Flussläufe viel attraktiver als im heutigen Zustand sein. Der Flussverlauf soll nicht nur attraktiver (Baden, Boot-fahren, etc.) sondern auch ungefährlicher gestaltet werden (Entfernen von Wehren mit Walzen).

Andi: Wie lange dauert es, bis renaturierte Strecken gut verwachsen sind?

Urs. Das geht sehr schnell. Nach 2-3 Jahren sind solche Stellen gut verwachsen. Sie werden sich aber auch immer wieder verändern, weil renaturierte Fliess-gewässer ja eine entsprechende Dynamik entwickeln.

Andi: Werden die Menschen, die solche Strecken bevölkern, nicht die Biber verdrängen?

Urs: Nein, das sollte eigentlich kein Problem sein: Biber sind relativ Störungs-unempfindlich. Später werden sich die Menschen auch auf die weiträumigen renaturierten Strecken verteilen.

Andi: Welche gewässerbauliche Bedeutung haben die vielen Stufen in der Birs?

Urs: Die Stufen haben die Funktion, die Strömung zu bremsen, damit die Sohle nicht zu schnell eingegraben wird.

(Das Interview wurde leicht gekürzt)

6.2 D.Weber (Hintermann & Weber AG)

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Herr Weber ist Mitinhaber der Firma Hintermann & Weber AG in Reinach (Büro für ökologische Beratung)

Silvi: Wie sind Sie in dem Projekt „Aktion Biber 2000“ involviert?

Weber: Eigentlich bin ich das gar nicht mehr. Ich hatte bis vor kurzem einen Auftrag von Pro Natura, der Ende März zu Ende ging. Seither verfolgt die Organi-sation ein zehn-jähriges Projekt. Eben das Projekt „Aktion Biber im Baselbiet“

Silvi: Wäre die Birs in ihrem jetzigen Zustand für Biber zugänglich?

Weber: Wahrscheinlich nicht. Das Problem liegt am Birskopf. Dieser weist Stufen und senkrechte, betonierte Mauern auf, welche für die Biber nicht zu bewältigen wären. Denkbar wäre die Möglichkeit, dass der Biber vom Elsass oder vom französischen Jura her einwandern würde. Der Birskopf wird aus Sicherheits-gründen in absehbarer Zeit umgebaut werden, und nach den im Moment vor-liegenden Plänen wird die Birs dann vom Rhein her zugänglich sein.

Silvi: Was benötigen Biber in ihrem Lebensraum?

Weber: Wasser - hauptsächlich als Transportmedium für Holz; eine schwache Strömung oder stehendes Wasser, weil die Biber keine guten Schwimmer sind. Das Wasser sollte an einigen Stellen einen halben Meter Tiefe aufweisen, um das Sicherheitsbedürfnis der Biber zu decken. Das Sommerfutter stellt kein Problem dar, da sie alle Arten von Grünzeug fressen. Das Winterfutter besteht praktisch nur aus Baumrinde. In ihrem Lebensraum sollten also Bäume und Sträucher vorhanden sein, die vom Ufer aus erreichbar sind. Zu den Präferenzen der Biber, was die Baumarten anbelangt gehören Pappeln, Weiden, Eschen und Erlen; ganz ungünstig sind Nadelhölzer. Zusammengefasst benötigen Biber Wasser , Holz am Ufer und die Möglichkeit in einem Abstand von 500 m - 3km einen Bau errichten zu können.

Silvi: Genügt der renaturierte Abschnitt an der Birs als Lebensraum für den Biber?

Weber: In dem heutigen Zustand wahrscheinlich nicht: Auf der einen Seite gibt es Probleme mit den Bauten der Biber und dem Ufer , das jetzt zwar renaturiert aussieht, in Wirklichkeit jedoch nur künstlich stabilisiert wurde und im Boden Textilmatten versteckt hält. Da der Fluss keinen freien Lauf hat, konnte er nicht eine für den Biber angemessene Tiefe bilden und seine Strömung ist zu stark. Daher findet man in diesem renaturierten Abschnitt keine geeignete Stelle für einen möglichen Bau des Bibers.

Silvi: Ist das Projekt Ihrer Meinung nach überhaupt realisierbar?

Weber: Ja, das Ziel ist es , etwa 170 ha angrenzendes Land zu erhalten. Ich denke, dass es 3 Arten von Verbesserungen an verschiedenen Abschnitten der Birs gibt:

  • ganz freie Abschnitte
  • Land muss erworben werden
  • ähnliche Strukturen wie in Münchenstein müssen erreicht werden.

 

Silvi: Wie kommt der Biber über das Stauwehr „Neue Welt“? Kann er es umgehen?
Weber: Im Moment bestehen 4 mögliche Hindernisse für den Biber:

  • der Birskopf, der aber sowieso bald umgebaut wird
  • Dornachbrugg
  • Laufen: Wasserfall
  • Lützel/Kleinlützel: Wasserfall

 

Manche Hindernisse werden auch problemlos bewältigt (Stauwehr „Neue Welt“), indem die Biber an Ufer wandern, bis sie einen geeigneten Abschnitt finden.

Silvi: Kann sich der Biber in der Nähe von Siedlungen und Wanderern überhaupt wohlfühlen?

Weber: Sie kommen damit klar, da sie in Mitteleuropa nachtaktiv sind, und sie merken relativ schnell, dass Menschen keine Bedrohung für sie darstellen.

Silvi: Kommt der Biber überhaupt in die Birs?

Weber: Ja. Die andere Frage ist, ob sie dort bleiben würden. Ein günstiger Abschnitt wie in Münchenstein muss daher gefunden werden. Die Frage ist auch, ob es Jungbiber gibt, die auf der Suche nach neuen Lebensräumen sind.

Silvi: Würde man Biber, nachdem die Birs renaturiert wäre, dort aussetzen, wenn keine kommen würden?

Weber: Ich denke schon. Da an gewissen Orten (z.B. Bayern) eine Üeberbevölkerung von Bibern herrscht, werden viele zur Aussetzung freigegeben, da man weiss, dass eine grosse Rivalität zwischen den Bibern vorhanden ist, was ihr Revier anbelangt.

(Das Interview wurde leicht gekürzt)

6.3 U.Zeller (Ingenieurbüro Jermann)

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Herr Zeller ist diplomierter Gewässerbauingenieur und Vizepräsident des Fischereiverbandes Basselland

Der Lachs verbringt sein Leben damit, dass er von seinem Geburtsort zum Meer wandert und später wieder zu seinem Laichplatz zurückkehrt, um zu laichen. Der frischgeschlüpfte Lachs entwickelt sich im Laichgewässer während 2-3 Jahren zum ca. 17 cm langen Junglachs, bevor er Richtung Meer wandert. Während dieser Zeit prägt er sich den Duftstoff seines Geburtsortes ins Gedächtnis ein, damit er später den Platz wiederfindet, wenn die Zeit gekommen ist zum Laichen. Es ist heute noch offen, ob die Lachse, die in der Petite Camargue Alsacienne (älteste Fischzuchtanlage Europas) aufgezogen werden, die entsprechenden Gen besitzen, die ihnen ein Zurückwandern in den Rhein ermöglichen. Da der Rheinlachs ausgestorben ist, züchtet man in der Petite Camargue Pyreneenlachse.

In der Birs (genauer im St.Albandeich) werden jedes Jahr 30`000 Junglachse ausgesetzt, die sich hoffentlich auf ihren Weg rheinabwärts machen werden. Diese Reise ist etwa 1`000 km lang. Auf diesem Weg müssen die Lachse viele Hindernisse überwinden.

Damit der Lachs in der Birs wieder eine Ueberlebenschance hat, müssen die Hindernisse weggeräumt werden und Laichplätze müssen geschaffen werden. Deshalb ist eine Renaturierung der Birs dringend notwendig. Solche Massnahmen kommen nicht nur dem Lachs zugute, sondern auch die anderen Lebewesen in der Birs würden davon profitieren.

An der Birs, genauer beim Kraftwerk Neue Welt befindet sich ein Beobach-tungsraum, der dazu dient die Fische und Kleintiere zu beobachten und zu kontrollieren. Der Beobachtungsraum ist im Fischpass (Fischtreppe) integriert (siehe Foto.)

Es ist wichtig, dass man dem Wasser die Freiheit“ gewährt, sich selbst zu entwickeln. Wenn der Fluss mit verschieden schnellen Strömungen mäandriert, entstehen Kiesbänke durch Ablagerungen, die für Lachse von grossem Nutzen sind. Ein Kanal fliesst gleichmässig, daher entstehen keine Kiesbänke, und wenn der Fluss immer gleich seicht ist, erwärmt sich das Wasser. Wasser von 20 Grad Celsius und mehr ist für viele Fische und Wirbellose gefährlich, weil der Sauerstoffgeghalt zu niedrig wird.

Die Renaturierung an der Birs und an der Wiese (bei der „Langen Erle“) finden unerwartet hohe Zustimmung bei der Bevölkerung. Durch diese Massnahmen werden nicht nur neue und bessere Lebensräume für Tiere und Pflanzen geschaffen, sondern die Attraktivität für die Bevölkerung steigt auch erheblich an.

Zur Zeit sind verschiedene Massnahmen an der Birs geplant. Renaturierungs-projekte bestehen oberhalb und unterhalb des Kraftwerks Neue Welt und auch unterhalb des Häfeliwehres sind im Zusammenhang mit Leitungssanierungen Renaturierungsmassnahmen geplant. Die drei Stufen beim Birskopf werden voraussichtlich noch dieses Jahr durch Blockrampen fischgängig gemacht werden.

Bei solchen Projekten sind die Kantone, der Bund, die Gemeinden, die Naturschutzorganisationen, die Fischereiverbände und private Institutionen involviert und arbeiten zum Teil gut zusammen.